Der Kreis war von jeher eine Form der Vollkommenheit und Unendlichkeit. Die Steinkreise im Megalith-Zeitalter galten als heilige Orte, sie waren das Symbol für den Kreislauf der Natur, dem alles unterliegt und genauso für das Kosmische in seiner Entgrenzung. Eine Kreislinie in die Wiesen der überwältigenden Landschaft des Safientals zu legen, war in meiner Vorstellung von überzeugender Schönheit. So dachte ich es mir.
Ich hatte schon vorher Lichtkreise mit Schwefel ausgesiebt, die waren in flachen Gärten oder Parkanlagen. Stand man davor, sah man die Vollkommenheit des Kreises, aus der Entfernung wurden sie zu der ebensolchen Vollkommenheit einer Ellipse. Im Safiental waren es nur die Vögel, die von dieser Vollkommenheit hätten etwas sehen können. Der Mensch, erfährt davon höchstens auf den Fotos einer Drohne.
Die Wiese, für die ich mich entschieden hatte, war ein ansteigendes Gelände, uneben wie alle Wiesen in den Bergen. Ich wählte den Mittelpunkt für den Kreis, der einen Durchmesser von 12 Metern haben sollte. Was ich dann sah, war weit entfernt von irgendeiner Vollkommenheit. Die Kreislinie fügte sich dem Untergrund. Je nach Standpunk näherten sich Linien oder sie weiteten sich, so dass es fast unmöglich war, sich einen gemeinsamen Mittelpunkt vorzustellen. Zwölf Meter. Es war ein neues, unerwartetes, aber spannendes Erlebnis: der Konflikt zwischen Erfahrung und Wissen.
Der Schwefel leuchtet nicht von sich aus, es ist die Kraft seiner inneren Helligkeit, das Sonnen- oder Mondlicht aufzunehmen, das darauf fällt. Unabhängig von jeder äußeren Form, mit jedem Atom, zeigt der Schwefel, das Element aus der Erde, so seine Magie. Auch an grauen oder nebeligen Tagen scheint er zu sagen: Das Licht versiegt nie!
Ingeborg Lüscher 2018
IL947
A Circle of Light in Safien Valley, 2018
Ein Lichtkreis im Safiental, 2018
Outdoor installation
Sulphur circle
Diameter 1200 cm
Exhibitions
Safiental 2018
www.artsafiental.ch